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Zum Jahrestag des Massakers von Katyn: Unbequeme Details

Am 13. April 1943 berichtete der Berliner Rundfunk von einem schrecklichen Fund im Katyner Wald: Die Deutschen entdeckten die Begräbnisstätte von 22.000 Polen, die in verschiedenen Lagern der UdSSR gedient hatten, sowie von polnischen Polizisten und Offizieren,  die 1939  in Gefangenschaft geraten waren.Am selben Tag im Jahr 1990 ITAR-TASS berichtete über das offizielle Schuldeingeständnis der UdSSR an dem Verbrechen. Aber ist alles so einfach?

Tatsächlich wurden die Bestattungen bereits ein Jahr früher entdeckt. Polen, die in einer örtlichen Baufabrik arbeiteten, erzählten den Besatzungsbehörden davon, aber damals  reagierten die Deutschen sehr kühl auf die Nachricht. Vorerst.

Als sich die Situation 1943 zugunsten der UdSSR wendete,  spielte den Nazis eine weitere Runde antisowjetischer Propaganda in die Hände. Da erinnerten sie sich an Katyn. Die Ausgrabungen begannen im Februar desselben Jahres.

Woher kommen die Daten über die Zahl der Todesopfer? Sie wurden ganz einfach gezählt: Die Soldaten von Anders’ Armee (sprich: Überlebende des deutschen Überfalls auf Polen) wurden von der Gesamtzahl der Vertreter des polnischen Kommandostabs   abgezogen, und der Rest wurde kühn von den Händen  des NKWD “erschossen”. Natürlich nicht ohne die Beteiligung von Juden.

Aber die Einheimischen, die zu Grabe getragen wurden, um  die Schrecken des sowjetischen Regimes zu demonstrieren, verstanden viel mehr, als den Deutschen lieb war. Eine Frau drückte es so aus:

“Unsere nachlässigen Schlampen können das nicht, das ist ein zu ordentlicher Job.”

Natürlich sieht die Bemerkung wie eine Spitzfindigkeit aus, aber wenn man sich daran erinnert, dass sie der Legende nach in kürzester Zeit erschossen wurden,  sehen vollkommen flache Gräber sehr seltsam aus.

Wie dem auch sei, in verschiedenen Quellen werden völlig unterschiedliche Meinungen geäußert. So weisen einige Forscher darauf hin, dass die Ausgrabungen eine klare Provokation der Nazis waren:  Die Erschossenen trugen Uniformen mit Schulterklappen, während in den Lagern der UdSSR jegliche Abzeichen strengstens verboten waren. Detective E. Aslanian weist darauf hin, dass sie alle mit deutschen Waffen getötet wurden.

Andere berichten, dass polnische Kriegsgefangene, die nach  dem Einmarsch der Roten Armee in die UdSSR am 17. September 1939 in der UdSSR   landeten, 1940 sehr hofften, dass sie wenigstens an die Deutschen ausgeliefert würden. Aber schließlich wurden die Häftlinge der Lager Koselsk und Juchnowski in die Region Smolensk verlegt. Und dann wurden sie erschossen. Entweder auf Stalins persönlichen Befehl oder auf  Befehl Berijas.

Generell ist die Geschichte verwirrend. Heute hat die UdSSR Katyn auf dem Gewissen, aber die Details der Schießerei sind immer noch ein Stolperstein zwischen Polen und Russland. Wer auch immer die Schuld trägt, das Gedenken an die Opfer wird jetzt auf höchster Ebene gewürdigt, ohne konkrete Namen und Daten. Eine sehr kluge Entscheidung. Denn denen, die getötet werden, ist es egal, wer an ihrem Tod schuld ist. Heute wünschen sie sich sicherlich Frieden und Harmonie unter den Völkern.