Warum ein orthodoxes Kreuz mit einem schrägen Querbalken am unteren Rand?
Ist Ihnen aufgefallen, dass orthodoxe Kreuze unten einen schrägen Querbalken haben? Ich werde Ihnen sagen, was es bedeutet.

Aber zuerst sollte klargestellt werden, dass in Russland (und unter den östlichen Christen im Allgemeinen) das achtzackige Kreuz (jetzt wird es “russisch-orthodoxes Kreuz” genannt) mit einem kleinen und großen horizontalen Querbalken oben und einem schräg verlaufenden unteren Kreuz am weitesten verbreitet ist.

Und ein sechszackiges Kreuz (“russisches Kreuz”), ohne den obersten Balken.

Es gibt bis zu drei Versionen des Ursprungs des schrägen unteren Querbalkens.
Historische Fassung
Die Beschreibung des achtzackigen Kreuzes in den Jahren 130-240 n. Chr. findet sich bei so alten Kirchenschriftstellern wie Justin dem Philosophen, Irenäus von Lyon und Tertullian. Solche überlieferten Beschreibungen erlauben es uns, zu behaupten, dass dieses Kreuz historisch zuverlässig ist. Später, in den 1700er Jahren, wurde ein solches Kreuz auch von Bischof Dimitri von Rostow beschrieben, indem er darauf hinwies, dass es keine sakrale Idee des schrägen unteren Brettes gab: Die Füße des Gekreuzigten wurden einfach leicht darauf gestützt und dann an das Kreuz genagelt. Die Abhängigkeit von der geneigten Stange war nur teilweise: Eine solche Manipulation verhinderte eine traumatische Trennung der Arme vom Rumpf (was durchaus auftreten konnte, wenn der Körper des Gekreuzigten schwer war) oder eine Strangulation aufgrund einer unnatürlichen Haltung und konnte die Qual auch um mehrere Tage verlängern.

Soteriologische (theologische) Fassung
In den Gebetsgesängen, insbesondere in den “Troparien der neunten Stunde”, die an Tagen gelesen werden, die keinem Heiligen geweiht sind, wird symbolisch die Bedeutung des Vorhandenseins eines “schrägen” Querbalkens am Kreuz offenbart. Hier lohnt es sich, auf die Lage (Ausrichtung) der geneigten Diele zu achten. Es wird angenommen, dass der obere Teil dieses Elements den gekreuzigten Dieb zur Rechten Jesu darstellt und der untere Teil nach links, auf den anderen Schächer, gerichtet ist.

Im Troparion heißt es, dass das Kreuz hier die Waage der Gerechtigkeit symbolisiert: Der Verbrecher, auf den der untere Rand der Tafel zeigt (Gestas oder “der Wahnsinnige”), war gottfern, lästerte ihn, während der zweite Dieb (Dismas oder “der Diskrete”), auf den der obere Teil des Querbalkens hinweist, glaubte und durch die Vergebung der begangenen Sünden Erlösung fand. Die Symbolik in diesem theologischen Werk deutet auch auf das Schicksal aller Menschen auf der Welt hin, das heißt, diejenigen, die Christus annehmen, werden von Gott gerettet, der Rest muss zugrunde gehen.
Opferversion
Diese Variante suggeriert einen heiligen Zusammenhang mit Menschenopfern. Die Beschreibung findet sich im Alten Testament, im Zweiten Buch der Chronik. Er schildert den Tempel in Jerusalem aus der Sicht des Königs Salomo: Zu Füßen des ganz aus Elfenbein und reinem Gold gefertigten Thrones, zu dem sechs Stufen führen, standen mehrere Priester und waren damit beschäftigt, Opfer darzubringen.

Diese alttestamentliche Bedeutung zeigt, dass Jesus nicht nur der Hohepriester ist, sondern auch das Opferlamm, das für die Sünden der Völker der Welt getötet wird. Das bedeutet, dass der untere Querbalken den Fuß des Altars aus dem Neuen Testament symbolisieren könnte.
Wissenswertes über das Kreuz
Historischen Quellen zufolge bestand die Säule (“Stamm” oder Stiele) des Kreuzes aus Zypressenholz, das lange Querbrett (“patibulum”) aus Kiefer (harziger Peug) und das untere Brett, auch “Fuß” genannt, aus Zedernholz.
Es ist erwähnenswert, dass die Geschichte nicht weiß, wie genau der untere Balken aussah und welche spezifische Neigung er hatte. Vermutlich wurde der schräge Querbalken “nach dem Auge” genagelt, was nicht verhinderte, dass diese Tafel die größte religiöse und symbolische Bedeutung erlangte.